- St. Reinhildis
- Ich möchte...
- Gemeinde Aktiv
- Unsere Kirche digital
- Kontakt
Auf der Heckscheibe eines Smart ein großes Schild: "Unterwegs im Namen des Herrn!" Das Auto des Stadtpfarrers. Vertreter einer Sekte? Seine Art von Humor? Öffentliches Bekenntnis oder Missbrauch des heiligen Namens? Beten wir doch täglich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Auf diesen Namen sind wir getauft: "Allen, die an seinen Namen glauben, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden" (Joh 1,12).
Der saloppe sprachliche Umgang verträgt sich nicht mit diesem Glaubensbewusstsein und dem Urbekenntnis: "Gott hat Jesus den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu, und jeder Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes des Vaters" (Phil 2,9 f.).
Wir sind Christen, damit "wir durch den Glauben das Leben haben in seinem Namen" (Joh 20,31).
"Wir sind hier nicht in unserem eigenen Namen versammelt, sondern im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes" – so am Beginn eines Gottesdienstes. Hier stimmt der Ton. "Gott ruft sein Volk zusammen rings auf dem Erdenrund, eint uns in Christi Namen zu einem neuen Bund" (GL 640), singt die Gemeinde. Später dann das Kerngebet der Christenheit: "Vater unser im Himmel." Auch Kirchenferne kennen es noch nach Jahrzehnten. Es öffnet unser Herz, auch wenn manche Aussagen spröde und fremd erscheinen. In ihm sammelt sich die ganze Botschaft Jesu, das Evangelium von Gott und vom Menschen.
Hinter dem Namen "verbirgt sich" das Wesen, also Gott selbst, wie auch sonst in den biblischen Redewendungen vom Arm, Wort oder Engel Gottes, von der Hand, dem Mund, oder dem Auge Gottes. Es sind jeweils die Weisen, wie er uns zugewandt ist, sein Wesen öffnet und offenbart.
Jesus macht aller Welt seine Heiligkeit und Herrlichkeit, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit am eindringlichsten deutlich. "In keinem anderen ist Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen", bekannten die ersten Christen (Apg 4,12).
Die Anerkennung des "Wahren und Guten" auch anderer Heilswege kam in der katholischen Kirche erst im Zweiten Vatikanischen Konzil ausdrücklich zur Sprache. Schon die Zehn Gebote fordern: "Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen" (Ex 20,7). Wir wissen, dass "unser Lobpreis seine Größe nicht mehren kann" (Präfation) und dass wir nicht für seine Heiligkeit zu sorgen brauchen. Gebet und Gebot aber weisen uns darauf hin, dass wir meistens nur in eigenem Namen unterwegs sind.
Glaube fußt auf der Anerkennung von Gottes Gottsein, wie Jesus es sichtbar gemacht hat. Er repräsentierte das alttestamentlich "Ich bin da" Jahwes als der Sohn des Vaters und betete: "Vater, verherrliche deinen Namen!" (Joh 12,28). Das geschieht durch Jesus, wenn er die Autorität Jahwes in Anspruch nimmt, das "Ich bin" - der Weg, das Licht, das Lebensbrot, der Hirte, die Wahrheit, das Leben, das Wort, die Offenbarung Gottes schlechthin. Er hat uns das Gottsein Gottes, die "Art des Himmels", das "göttliche Leben" mitgeteilt.
Den Jüngern vertraute er die Bitte an, dass der Name des himmlischen Vaters geheiligt werde, so wie er selbst es in seinem irdischen Dasein deutlich gemacht hat. Er ließ sie an seinem intimen Gottesverhältnis auch durch das Gebet teilhaben. Schon die Anrede Vater ist außerordentlich. Sie ist die Seele des ganzen Gebetes und "will vor jeder Bitte mitgedacht werden" (H. Schürmann).
Jesus verkörperte nicht nur die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes, sondern auch sein souveränes Herrsein, das Ineinander von vertrauter Nähe und geheimnisvoller Distanz - fremd und andersartig vor allem in den nachösterlichen Szenen des Johannesevangeliums:
- Er ist der Herr.
- Ich habe den Herrn gesehen.
- Wir haben den Herrn gesehen.
- Mein Herr und mein Gott (s. Joh 20,11-29).
Wir geraten hier mit der Heiligkeit des Offenbarers in Berührung, wenn wir die Texte gläubig-beschaulich aufnehmen, in gleicher Gesinnung das Kyrie eleison oder das so genannte Jesusgebet sprechen. Unser Inneres kann sich für die Gegenwart des Auferstandenen öffnen. Wir bekennen uns zu seinem Herrsein in der Herrlichkeit Gottes und "bringen seinen Namen zu Ehren" (Ps 115,1.)
Damit beten wir gleichzeitig um unser Leben in all seiner Bedürftigkeit und bitten um sein Erbarmen. Die ersten drei Vater-unser-Bitten richten sich an den heiligen Gott und seine Souveränität, die anderen vier sind Ausdruck unserer kreatürlichen Nöte (Brot, Schuld, Versuchung, Erlösung vom Bösen).
Auch Außenstehenden wird bei Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen klar: Wir sprechen hier nicht von einer virtuellen Welt und klammern uns nicht an etwas Irreales, das wie die olympischen Götter nur in den Köpfen, in schönen Bildwerken oder Texten existierte, aber irgendwann "abgeschafft" wurde.
Mit dem Vaterunser bekennen wir uns zu dem, "der ist, der war und der kommt" (Offb 1,8), dem Herrn und Gott des Alten Bundes, dem Jesus als Lebendiger und Verklärter zur Seite steht: "Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, doch nun lebe ich in alle Ewigkeit, und ich habe die Schlüssel zum Tod und zur Unterwelt" (Offb 1,18).
Die Notbitten des Vaterunsers richten sich an einen Lebendigen, der uns wie Jahwe "um seines Namens willen führen und leiten wird" (Ps 31,4): "Ich bin der gute Hirt" (Joh 10,11).
Trotz der irdischen Erscheinung des Sohnes bleibt dieser Gott auch für uns geheimnisvoll, fremd und unbegreiflich. Vielleicht heiligen wir seinen Namen am meisten dadurch, dass wir uns dazu bekennen. Die Bekehrten, die fundamental Verwandelten, die ihr Leben in seinem Namen radikal geändert haben, wissen mehr.
Getaufte sind immer im Namen des Herrn unterwegs, meistens unauffällig. Wenn sie im Namen Gottes ausdrücklich ins Gebet gehen, setzen sie sich seiner Heiligkeit aus, denn sein "ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit."
Wer betet, ist in höchstem Maße aktiv. Aber damit sich jemand überhaupt an Gott, den Heiligen, wendet, muss er einen Sinn für das Heilige und ein Gespür für das Geheimnis, das ihn anzieht und ruft, entwickelt haben.
Deshalb beginnt religiöse Erziehung mit der rituellen Einübung von Ehrfurcht: Sensibilisieren für "das Heilige", nicht für das, "was mir heilig ist." Für das Überwältigende und Faszinierende des ganz Anderen, seine unsichtbare und ungreifbare Kraft in Worten und Bildern, Zeichen und Tönen, Räumen und Menschen. Das Nichtirdische im Irdischen.
In den Evangelien wird Jesus zweimal der "Heilige Gottes" genannt.
Weitere Impulse zum Kirchenjahr...
Text: Dr. Hermann-Josef Silberberg
Foto: Norbert Ortmanns, Kirche+Leben