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"Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er (Jesus) unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss?" (Lk 24,32). So fragten die beiden Emmaus-Jünger einander, denen Jesus auf dem Weg der enttäuschten Hoffnung begegnet war. Ein niederländischer Künstler malte in der Mitte des 17. Jahrhunderts dieses Gemälde und zeigt den gemeinsamen Weg Jesu mit den Jüngern.
Können die Emmaus-Jünger ein Bild sein für Menschen, deren Herz ausgebrannt ist, "burned out"? Sie hatten ihre Hoffnung auf Jesus gesetzt, doch er ist zum Tod verurteilt und hingerichtet worden. Ihre Hoffnung ist enttäuscht, ihre Stimmung niedergeschlagen. Sie sehen keinen Sinn mehr für ihr Leben, sie gehen fort von Jerusalem. Was hilft ihnen in ihrer Situation? Ist es gut, dass sie zu zweit sind und miteinander reden können oder machen sie einander das Herz noch schwerer?
Jesus tritt zu ihnen hinzu und begleitet sie. Sie erkennen ihn nicht. Es tut ihnen gut, dass der Unbekannte sie anspricht. Er erklärt ihnen den Sinn des Geschehenen. Es tut ihnen gut, dass sie sich aussprechen können und er ihnen zuhört. Behutsam versucht er, ihnen den Sinn der Schrift und damit den Sinn des Geschehens zu erklären. Er nimmt sich Zeit für sie und lässt sich von ihnen zum Abend einladen. "Und als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach das Brot und gab es ihnen. Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn; dann sahen sie ihn nicht mehr. Und sie sagten zueinander: Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss?" (Lk 24,30–32).
Mit brennendem Herzen, mit neuer Hoffnung, mit neuem Lebensmut kehren sie nach Jerusalem zurück zu der Gemeinschaft der Jünger, die sie verlassen hatten.
Dieses Evangelium spricht in die Zeit der Kirche hinein. Wir fragen: Auf welchem Weg sind wir? Auf dem Weg der enttäuschten Hoffnung, weg von der Gemeinschaft der Jünger? Vielleicht traurig, niedergeschlagen: Es hat ja alles keinen Sinn - "burned out"?
Wer solche Situationen erfährt, dem tut es gut, wenn jemand ihn anspricht, ihm zuhört und behutsam den Sinn des Lebens deutet.
Wir können aber auch fragen: Wartet jemand auf uns, dass wir ihn ansprechen, so dass er sich bei uns aussprechen kann, sich verstanden und angenommen fühlt? Können wir ihm helfen, in seinem Leben wieder einen Sinn zu entdecken?
Wir können uns nicht an die Stelle Jesu setzen, doch können wir wie er menschliche Nähe erfahren lassen.
Darüber hinaus aber will die Emmaus-Geschichte uns sagen: Jesus lebt. Er kann auch heute Menschen auf ihrem Lebensweg begegnen. Er kann uns nicht so begegnen wie den Emmaus-Jüngern, aber auch diese Begegnung zeigt schon, dass es mit Jesus anders ist als vor seinem Tod, sonst hätten die beiden Jünger ihn ja schon von Beginn an erkannt.
Jesus kann uns auch heute begegnen, im Wort der heiligen Schrift, im heiligen Mahl der Eucharistie, im Zeugnis der Schwestern und Brüder.
"Brannte uns nicht das Herz?" Wir haben die Geschichte der Emmaus-Jünger in einem Jugendgottesdienst im Dom zu Münster meditiert, als wenige Minuten zuvor der schreckliche Amoklauf von Erfurt bekannt wurde. Dieses unfassbare Ereignis stellt die Emmaus-Geschichte in eine ganz konkrete Situation. Es wird deutlich, wie wichtig es ist, Menschen zu begegnen, die einen ansprechen, die einen verstehen, Menschen, denen man sich in seiner inneren Not anvertrauen kann, Menschen, die den Sinn des Lebens aufzeigen können und Mut zum Leben machen, Menschen, die über dieses rein Menschliche hinaus von ihrer Begegnung mit Jesus sprechen und einladen können, seine Gegenwart im Gebet, im Wort der Schrift und in der Feier der Eucharistie zu erfahren. Wir alle möchten wünschen, dass auch wir in Situationen der Hoffnungs- und Mutlosigkeit solchen Menschen auf unserem Weg begegnen.
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Text: Bischof Reinhard Lettmann (+)
Foto: Michael Bönte, Kirche+Leben